Kinderspielplätze und das Gebot der Rücksichtnahme

— 28.08.2020 —

Beschluss BVerwG 4 BN 24.02. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die auf § 123 (2) Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Der Rechtssache kommt nicht die grundsätzliche Bedeutung zu, die ihr die Antragsteller beimessen.

Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage auf, ob ein öffentlicher Spielplatz unmittelbar angrenzend an ein reines Wohngebiet, dessen Fläche ein bestimmtes Maß (z.B. 1.000 qm) überschreitet, nicht oder nur dann in einem Bebauungsplan festgesetzt werden darf, wenn zum Schutz des reinen Wohngebiets geeignete Vorkehrungen getroffen werden. Diese Frage ist, soweit sie sich überhaupt in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lässt, nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits geklärt, dass im reinen Wohngebiet Kinderspielplätze grundsätzlich zulässig sind und die mit ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung verbundenen Beeinträchtigungen von den Nachbarn hinzunehmen sind. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen können sie nach § 15 Absatz 1 BauNVO unzulässig sein oder Nutzungsbeschränkungen (beispielsweise in zeitlicher Hinsicht) bedürfen (…). Es liegt auf der Hand, dass dies auch für die Errichtung eines Kinderspielplatzes auf einer Grünfläche mit der Zweckbestimmung “öffentlicher Spielplatz” gilt, die unmittelbar an ein reines Wohngebiet angrenzt. Ebenso wie in einem reinen Wohngebiet ist die Errichtung eines Kinderspielplatzes in diesem Fall als sozial adäquate Ergänzung der Wohnbebauungen grundsätzlich zulässig. Der beschließende Senat hat ferner bereits entschieden, dass auch Bolzplätze – unter dem Vorbehalt einer Beurteilung nach § 15 BauNVO – neben reinen Wohngebieten zugelassen werden dürfen (Senatsbeschluss vom 03. März 1992 – BVerwG 4 B 70.91).

Ob das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verletzt ist, etwa wenn Spielgeräte in unmittelbarer Nähe zu Wohnräumen errichtet werden, oder ob Lärmschutzauflagen zum Schutz der Nachbarschaft erforderlich sind, beurteilt sich nach den besonderen örtlichen Verhältnissen im Einzelfall und ist deshalb einer rechtsgrundsätzlichen verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich. Das gilt auch im Hinblick auf den Flächenumfang eines festgesetzten Kinderspielplatzes. Verallgemeinernde typisierende Rechtssätze lassen sich auch insoweit nicht aufstellen. Es bleibt Aufgabe der Tatsachengerichte, den Gesichtspunkt der Größe des Spielplatzes in die Würdigung der örtlichen Situation einzubeziehen.

Das Normenkontrollgericht hat dies auch erkannt. Es führt in den Gründen seines Urteils u.a. aus, die Antragsgegnerin habe den Spielplatz innerhalb der Grünfläche großräumig ausgewiesen, so dass sich die Nutzer, insbesondere die angesprochenen Kinder bis 14 Jahre auf dem Areal verteilen könnten. Ferner bestehe die Möglichkeit, die Spielgeräte auch in Bereichen aufzustellen, die so weit vom Wohngrundstück der Antragsteller entfernt lägen, dass sie keine massiven Lärmbelästigungen für das Grundstück der Antragsteller hervorrufen könnten. Daraus wird deutlich, dass die mit der Benutzung eines Kinderspielplatzes für die nähere Umgebung unvermeidbar verbundenen Geräusche nicht zwangsläufig von der Größe des Spielplatzes abhängen.

Anmerkung:

Inzwischen gibt es Dutzende von Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Zumutbarkeit des von Kinderspielplätzen ausgehenden Lärms auseinandersetzen mussten. Auch das Verwaltungsgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 06.11.2012 – 1 K 642/12.KO bestätigt, dass der von Kinderspielplätzen ausgehende Lärm in der Regel als sozialadäquat hinzunehmen ist. Kinderspielplätze gehören als wichtige Einrichtungen für Kinder in die unmittelbare Nähe einer Wohnbebauung, ja, sie sind nicht nur gewünscht, sondern im Sinne einer erfolgreichen kindlichen Sozialisation sogar geboten. Ein sog. atypischer Fall, der im Einzelfall eine Entscheidung zugunsten gestörter Nachbarn rechtfertigt, liegt seltener vor, als die Kläger glauben.