Unzulässige Wahl des beschleunigten Verfahrens zur Änderung eines Bebauungsplans

— 26.10.2020 —

Urteil vom 25.06.2020, BVerwG 4 CN 5.18

VGH Mannheim vom 09.08.2018 – Az.: VGH 3 S 1523/16

 

Leitsätze:

  1. Für die Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf den planungsrechtlichen Status der zu überplanenden Flächen an.
  2. Wird in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans auf nicht öffentlich zugängliche technische Vorschriften verwiesen, genügt auch ein Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans, dass die in Bezug genommene technische Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereit gehalten wird.

Tenor wird weggelassen.

 

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist die im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB beschlossene 3. Änderung des Bebauungsplans “Marrbacher Öschle (Marrbachöschle)”.

Der aus dem Jahr 1983 stammende Bebauungsplan Marrbachöschle umfasst ein insgesamt 6,1 ha großes Gebiet. Er setzt für den nördlichen Teil des Plangebiets ein Dorfgebiet und im Übrigen ein allgemeines Wohngebiet fest. Die Planung wurde im Wesentlichen nicht umgesetzt.

Die Antragsteller sind Eigentümer des im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegenen unbebauten Grundstücks Flurstück Nr….1. Der Antragsteller zu 2 ist außerdem Eigentümer des ebenfalls im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegenen, mit Wohnhäusern sowie ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden bebauten Grundstücks Flurstück Nr….0, für das der Bebauungsplan ein Dorfgebiet festsetzt.

Mit der 3. Änderung wird der Bebauungsplan Marbachöschle mit Ausnahme eines das Grundstück Flurstück Nr…0 umfassenden Bereichs im Norden sowie eines weiteren, zwischenzeitlich bebauten Teilbereichs im Süden entlang der B-Straße auf einer Fläche von 4,2 ha geändert. Der Plan setzt für seinen gesamten Geltungsbereich ein allgemeines Wohngebiet fest und regelt die innere Erschließung neu.

Auf einen Normenkontrollantrag der Antragsteller hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 23. Juli 2016 – 8 S 1597/13 – die am 26. Juli 2013 bekannt gemachte 3. Änderung für unwirksam erklärt, weil sie nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden sei. Es fehle ein Hinweis in der Bebauungs-planurkunde, dass die im Bebauungsplan in Bezug genommene VDI-Richtlinie 2719 zur Einsicht bereitgehalten werde oder wo diese ansonsten probelm- und kostenlos eingesehen werden könne.

Die Antragsgegnerin hat die 3. Änderung rückwirkend zum 26. Juli 2013 am 28. Juli 2016 erneut bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wird darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan einschließlich seiner Begründung und der VDI-Richtlinie 2719 im Rathaus während der üblichen Dienststunden eingesehen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag der Antragsteller gegen die neu bekannt gemachte 3. Änderung zurückgewiesen. Der zulässige Normenkontrollantrag sei unbegründet. Die Bekanntmachung sei nunmehr ordnungsgemäß erfolgt. Die Wahl des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB sei nicht zu beanstanden, denn bei der 3. Änderung handele es sich um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung. Auch in materieller Hinsicht begegne die 3. Änderung keinen Bedenken, insbesondere liege kein Abwägungsfehler vor.

Die Antragsteller haben die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. Nach ihrer Auffassung verstößt der Bebauungsplan gegen § 13a BauGB und weitere Vorschriften.

Die Antragsgegnerin hält den Normenkontrollantrag bereits für unzulässig. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil. 

Am 29. November 2018 hat die Antragsgegnerin die 4. Änderung des Bebauungsplans Marrbachöschle bekannt gemacht. Über den Normenkontrollantrag der Antragsteller vom 4. November 2019 ist noch nicht entschieden.

Die Revision ist begründet. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Bebauungsplan “Marrbacher Öschle (Marrbach-öschle)” – 3. Änderung vom 23. Juli 2013, bekannt gemacht am 28. Juli 2016 (im folgenden: “Änderungs-Bebauungsplan”), ist unwirksam.

Die in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor. Die Antragsteller sind antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

Mit dem Änderungs-Bebauungsplan wird das Grundstück Flurstück Nr….1 der Antragsteller (neu) überplant. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Eigentumsverletzung grundsätzlich zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (….). In diesem Fall kann der Eigentümer die Festsetzung gerichtlich überprüfen lassen, weil eine planerische Festsetzung Inhalt und Schranken seines Grundeigentums bestimmt (Art. 14, Absatz 1, Satz 2 GG); die (potenzielle) Rechtswidrigkeit eines derartigen normativen Eingriffs braucht der Antragsteller nicht ungeprüft hinzunehmen (…).

Die Antragsbefugnis ist nicht durch die 4. Änderung des Bebauungsplans “Marrbachöschle” entfallen. Diese ist im Revisionsverfahren zu beachten, weil die Vorinstanz sie berücksichtigen müsste, wenn sie im Zeitpunkt des Revisionsurteils entschiede (…). Jedenfalls die Fläche auf dem Grundstück Flurstück Nr. …1, die im Änderungs-Bebauungsplan für Parkplätze vorgesehen ist, ist nicht Bestandteil der 4. Änderung.

Für den Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.

Die Antragsgegnerin meint, das Rechtsschutzbedürfnis sei entfallen, weil die Antragsteller sehenden Auges die Verwirklichung des Änderungs-Bebauungsplans nicht verhindert hätten. Es seien praktisch alle Grundstücke bebaut bzw. lägen für die Bebauung entsprechende Baugenehmigungen vor. Auch die Erschließungsanlagen seien hergestellt und schafften unveränderliche Tatsachen. Dem ist nicht zu folgen.

Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (…..). Es ist aber nicht erforderlich, dass die begehrte Erklärung einer Norm als unwirksam unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt (…).

Ist ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht, so wird der Antragsteller allerdings in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell verbessern können (…).Insofern kommt eine das Rechtsschutzbedürfnis ausschließende Verwirklichung einer angegriffenen Festsetzung nach der Senatsrechtsprechung aber nur dann in Betracht, wenn die Festsetzungen im Baugebiet auch räumlich “vollständig verwirklicht” ist (…).

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Der Änderungs-Bebauungsplan erfasst das im Eigentum der Antragsteller stehende Grundstück Flurstück Nr…1; die dort ausgewiesenen Baurechte wurden bisher nicht ausgenutzt. die das Grundstück durchschneidende Straße ist noch nicht verwirklicht, auch nicht die auf diesem Grundstück festgesetzten Parkplätze an der D…Straße, Ostseite. Bei einem Erfolg des Normenkontrollantrages würden diese die Antragsteller in ihrem Eigentum beschränkenden Festsetzungen entfallen.

Der Normenkontrollantrag ist begründet. Der Änderungs-Bebauungsplan leidet an formellen Fehlern (1.), die nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich sind und zur Unwirksamkeit des Änderungs-Bebauungsplans führen (2.).

Der Änderungs-Bebauungsplan durfte nicht im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden; die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4, Abs. 1 Satz 1 BauGB liegen nicht vor.

Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. dies gilt entsprechend für die Änderung und Ergänzung eines Bebauungsplans (§ 13a Abs. 4 BauGB).

Nach Auffassung der Vorinstanz hat der Änderungs-Bebauungsplan eine Maßnahme der Innenentwicklung zum Gegenstand. Das Plangebiet sei aufgrund der Überplanung im Jahr 1983 rechtlich nicht mehr dem Außenbereich nach § 35 BauGB, sondern dem Siedlungsbereich zuzurechnen; auf die tatsächlichen Verhältnisse komme es insoweit nicht an. Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmals Innenentwicklung verstößt gegen revisibles Recht. Die Abgrenzung von Innen- und Außenentwicklung richtet sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht nach dem planungsrechtlichen Status der Flächen (….).

Der Begriff der Innenentwicklung ist nicht legal definiert. Er nimmt bewusst nicht die herkömmliche Abgrenzung von Innen- und Außenbereich auf, sondern wird vom Gesetzgeber als städtebaufachlicher Terminus vorausgesetzt. Seine Interpretation durch die Gemeinde unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, einen Beurteilungsspielraum hat die Gemeinde nicht (…).

Mit § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB knüpft der Gesetzgeber an die ältere Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB an, wonach mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll und dabei zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Maßnahmen der Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen sind. 

Er grenzt Bebauungspläne der Innenentwicklung von Bebauungsplänen ab, die gezielt Flächen außerhalb von Ortslagen einer Bebauung zuführen, und will mit § 13a Abs. 1 BauGB Planungen fördern, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. 

Als Gebiete, die für Bebauungspläne der Innenentwicklung in Betracht kommen, nennt er beispielhaft die im Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche brachgefallene Flächen sowie innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete mit einem Bebauungsplan, der infolge notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werden soll (…).

Mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen, u.a. dem Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung sowie der Eingriffs-Ausgleich-Fiktion des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGb für die Fälle des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB, will der Gesetzgeber einen Anreiz dafür setzen, dass die Gemeinden von einer Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedlung des Außenbereichs absehen (…)und darauf verzichten, den äußeren Umgriff vorhandener Siedlungsbereiche zu erweitern (…).

Diese gesetzgeberische Intention hat in §13a Abs. 1 Satz 1 BauGB durch die Nennung der Wiedernutzbarmachung von Flächen und der Nachverdichtung als spezielle Maßnahmen der Innenentwicklung beispielhaft ihren Niederschlag gefunden. Darüber hinaus werden aber auch “andere Maßnahmen der Innenentwicklung” genannt. “Innenentwicklung” ist deshalb der Oberbegriff (…), der die Anwendung des beschleunigten Verfahrens eröffnet. Für die Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt es daher nicht darauf an, wie die Gemeinde die von ihr mit dem Bebauungsplan beabsichtigten Maßnahmen bezeichnet, sondern allein darauf, ob sie damit “Innenentwicklung” im Sinne der Vorschrift betreibt (…).

Mit dem Tatbestandsmerkmal der Innenentwicklung beschränkt § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB seinen räumlichen Anwendungsbereich. Innenentwicklung ist nur innerhalb des Siedlungsbereichs zulässig; das gilt ausweislich der Gesetzesbegründung auch für die Änderung oder Anpassung von Bebauungsplänen (BT-Drs. 16/2496 S. 12). 

Überplant werden dürfen Flächen, die von einem Siedlungsbereich mit dem Gewicht eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils umschlossen werden. Die äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs dürfen durch den Bebauungsplan nicht in den Außenbereich erweitert werden (…). Die Grenzen des Siedlungsbereichs werden nicht durch Planung bestimmt; die Planung findet diese in der jeweiligen Örtlichkeit vor. 

Dass es für die Bestimmung der Grenzen des Siedlungsbereichs auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, zeigen – neben den in der Gesetzesbegründung beschriebenen Anwendungsfällen – die gesetzlichen Beispielfälle der Wiedernutzbarmachung von Flächen und der Nachverdichtung, die an einen ehemals oder aktuell noch vorhandenen Baubestand anknüpfen. 

Darin kommt zum Ausdruck, dass für die Innenentwicklung auf solche Flächen zurückgegriffen werden soll, die bereits baulich in Anspruch genommen wurden und ihre bodenrechtliche Schutzwürdigkeit durch die damit einhergehende Versiegelung jedenfalls teilweise schon verloren haben. Für dieses enge Verständnis streitet auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung sollte das beschleunigte Verfahren für einen Bebauungsplan gelten, der “der Innenentwicklung dient” (…). Im Gesetzgebungsverfahren ist der Wortlaut geändert worden, um sicherzustellen, dass nicht auch solche Bebauungspläne als Pläne der Innenentwicklung gelten, die Bauland im bisherigen Außenbereich ausweisen und sich damit mittelbar positiv auf die Innenentwicklung auswirken (…).

Eine Auslegung des Begriffs Innenentwicklung, die an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpft, steht mit Unionsrecht im Einklang.

Mit § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB hat der nationale Gesetzgeber von der zweiten Variante des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2001/42 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (…) Gebrauch gemacht und abstrakt-generell festgelegt, dass bestimmte Pläne ausnahmsweise im beschleunigten Verfahren und damit nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB erlassen werden können (…).

Eine solche abstrakte Regelung ist zulässig, weil es denkbar ist, dass eine besondere Art von Plan, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt, a priori voraussichtliche keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, da die Voraussetzungen gewährleisten, dass ein solcher Plan den einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie entspricht (…). Das mit Bebauungsplänen der Innenentwicklung verfolgte Ziel, die Flächeninanspruchnahme zu begrenzen und Eingriffe in Natur und Landschaft zu vermeiden, rechtfertigt auch die Eingriffs-Ausgleichs-Fiktion des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB für die Fälle des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 (…). Mit diesem Ziel leistet der Bebauungsplan der Innenentwicklung zugleich einen Beitrag zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung im Sinne des Anhangs II Nr. 1 Spiegelstrich 3 der SUP-Richtlinie (…). Für den Flächenverbrauch und die Eingriffsqualität ist aber unerheblich, ob eine unbebaute Fläche bereits überplant ist oder nicht. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass ein Gebiet schon einmal überplant worden ist, nicht den Schluss, dass bei einer Inanspruchnahme der Flächen nicht (mehr) mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Das gilt erst recht dann, wenn – wie hier – die erste Überplanung ohne Umweltprüfung erfolgt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit bindender Wirkung für den Senat festgestellt, dass das Plangebiet trotz Überplanung im Jahr 1983 bis zum Erlass des Änderungs-Bebauungsplans nicht bebaut worden ist. 

Die Neuplanung verschiebt damit die Grenze des Siedlungsbereichs der Antragsgegnerin, die durch die Bebauung westlich der D…Straße und südlich der B..Straße geprägt wird, in den bisher unbebauten Bereich. Das Plangebiet kann nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs schon angesichts seiner Größe von ca. 4,2 ha nicht als Teil der sich nach Süden und Westen anschließenden Bebauung angesehen werden, zumal selbst eine Prägung des Plangebiets durch die umliegende Bebauung im Grundsatz die Inanspruchnahme von Außenbereichsflächen nicht zu rechtfertigen vermag  (…).

Dass sich die Inanspruchnahme der mit dem Änderungs-Bebauungsplan überplanten Flächen für die Innenentwicklung der Antragsgegnerin möglicherweise positiv auswirkt, mag nahe liegen, genügt aber nicht, um die Durchführung des beschleunigten Verfahrens zu rechtfertigen. Damit liegt kein Fall der Innenentwicklung i.S.v. § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB vor.

Der Änderungs-Bebauungsplan leidet aufgrund der Wahl des beschleunigten Verfahrens an beachtlichen Mängeln.

Nach § 1 Abs. 8 i.V.m. § 2 Abs. 4 BauGB hat die Gemeinde im Verfahren zur Änderung eines Bebauungsplans für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a BauGB eine Umweltprüfung durchzuführen. Gemäß § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB ist ferner ein Umweltbericht zu erstellen, in dem die voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen beschrieben und bewertet werden. Der Umweltbericht ist zusammen mit dem Entwurf des Bebauungsplans nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB öffentlich auszulegen und gemäß § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen. Gegen diese Vorschriften hat die Antragsgegnerin verstoßen, weil sie weder eine Umweltprüfung vorgenommen noch einen Umweltbericht erstellt hat.

Der Fehler ist nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB beachtlich (…) Daran ändert auch

§ 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB a.F. nichts. Die Norm ist durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 mit Wirkung zum 20. September 2013 aufgehoben worden; sie war bereits vorher nicht mehr anwendbar, weil sie mit Unionsrecht unvereinbar war (..).

Der Mangel wurde von den Antragstellern innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gerügt. Er führt zur Gesamtunwirksamkeit des Änderungs-Bebauungsplans.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die öffentliche Bekanntmachung des Änderungs-Bebauungsplans am 28. Juli 2016 nicht zu beanstanden ist.

Das Normenkontrollgericht hält es für ausreichend, wenn nur in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses darauf hingewiesen wird, dass die im Bebauungsplan in Bezug genommene technische Vorschrift bei der Gemeinde zur Einsichtnahme bereitliegt. eine solche Bekanntgabe genüge den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und aus § 10 Abs. 3 BauGB an die Verkündung von Normen ergebenden Anforderungen. Das trifft zu.

Die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips an die Verkündung von Normen stehen einer Verweisung auf nicht öffentlich zugängliche technische Vorschriften in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht von vornherein entgegen (…). Verweist eine Festsetzung auf eine solche Vorschrift und ergibt sich erst aus dieser Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist, muss der Plangeber sicherstellen, dass die Planbetroffenen sich auch vom Inhalt der jeweiligen technischen Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen können. 

Den rechtsstaatlichen Anforderungen genügt die Gemeinde, wenn sie die in Bezug genommene Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist (…). Ebenso genügt ein entsprechender Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung, weil dieser in gleicher Weise wie der Hinweis in der Bebauungsplanurkunde geeignet ist, die Planbetroffenen über die Möglichkeit und den Ort der Einsicht in die technische Vorschrift zu informieren (…). Für die Bekanntmachung eines Bebauungsplans genügt es, wenn in der Bekanntmachung darauf hingewiesen wird, wo der Plan eingesehen werden kann (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Warum für nicht öffentlich zugängliche technische Vorschriften, auf die der Plan verweist, anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich.