Nutzungsuntersagung für einen bordellartigen Betrieb nach mehr als dreißig Jahren

— 09.10.2020 —

Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 26. 07. 2019 – 1 L 2835/19 GI –

Im Jahr 1974 waren der Bau eines Wohnhauses samt Schwimmhalle in einer Gemeinde im Landkreis Gießen genehmigt worden. Genutzt wird der Komplex seit mehr als dreißig Jahren von den jeweiligen Erbbauberechtigten als bordellartiger Betrieb. Nachforschungen der Bauaufsichtsbehörde ergaben, dass für diese Art der Nutzung des Grundstücks, das in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, zu keinem Zeitpunkt eine Nutzungsgenehmigung erteilt worden war. Daraufhin wurde die Nutzung als bordellartiger Betrieb untersagt und die Vollziehung angedroht, falls der Betrieb nicht innerhalb von sechs Monaten eingestellt wird.

Das Verwaltungsgericht Gießen bestätigte das Vorgehen der Behörde. Die erteilte Baugenehmigung für ein Wohnhaus erfasse nicht die Nutzung als bordellartiger Betrieb und hätte einer ausdrücklichen Nutzungsgenehmigung bedurft. Eine solche habe die Antragstelleriin nicht nachweisen können. Auch materiell sei die Nutzung baurechtswidrig, da sie bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Bordelle bzw. bordellartige Betriebe seien nach der gängigen Rechtsprechung bereits in einem Mischgebiet mit der Wohnnutzung unvereinbar und somit erst recht in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Verpflichtung und Berechtigung der Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände könne nicht verwirkt werden. Die Behörde habe auch zu keinem Zeitpunkt zugesichert, dass sie gegen die Nutzung nicht einschreiten werde.